Chorale Saint-Michel Luxembourg

Revue de presse / LW 4-11-2014

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Allerseelenkonzert im hauptstädtischen Konservatorium
Schon wegen Trekel hörenswert - Gerry Welter leitete die Interpretation von Brahms „Ein deutsches Requiem“

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VON ANDRÉ LINK

 (LW 4-11-2014)

Das „Deutsche Requiem“ von Johannes Brahms ist eines der großartigsten Chorwerke der europäischen Musik, stellt aber auch höchste Anforderungen an die es Ausführenden. Unberührt wird die bewegende, zutiefst vergeistigte Komposition jedenfalls keinen
Die Abgeklärtheit eines Mannes, der über lange Jahrzehnte Chöre geleitet hat, ermöglichte Gerry Welter den Zusammenhalt doch sehr heterogener Mitwirkender, die da waren: zwei Solisten von Weltformat sowie drei einheimische Chorvereinigungen, nämlich die „Chorale Saint-Michel“, die „Amis du chant“ und das „Ensemble vocal Métamorphoses.“ Instrumental begleitet wurden die Sänger vom Orchester „La Banda“, mit dem Gerry Welter bereits wiederholt erfolgreich zusammengearbeitet hat.
Nun durfte man sich die Frage stellen, ob zu einem Musikwerk des 19. Jahrhunderts nicht besser die gepflegten Harmonien klassischer Instrumente passen würden als die mitunter im Ansatz rauen natürlichen Dissonanzen eines historischen Instrumentariums, das man eher im Barocken zu hören gewöhnt ist.
„La Banda“ brachte ein herbes Kolorit in die ehrwürdige Brahmsche Komposition. Und Herbes war schon vonnöten, serviert uns das Werk, bei allen Tröstungen der Gesamtaussage, doch manche unbequeme Wahrheiten, wie etwa „Denn alles Fleisch, es ist wie Gras“, „Herr, lehre doch mich, dass ein Ende mit mir haben muss“, oder „Sie sammeln und wissen nicht, wer es kriegen wird.“ Hartes, aber Unabänderliches, das in Zeiten wie den heutigen von besonderer Aktualität sein dürfte.
Scharfe Kontraste und ausbalancierte Gegengewichte
Kontraste müssen schneiden, Steigerungen entschlossen genommen werden. Schleppendes Tempo und unklare Akzente drohen nicht zur Erbauung zu führen, sondern ins Gegenteil umzukippen.
Der bewundernswerte Perkussionist hatte es begriffen, und so hämmerten seine aufrüttelnden Paukenschläge den Zuhörern die Botschaft unmissverständlich ins Bewusstsein (bzw. den Gehörgang).
Immer wieder war das herrlich aggressive Metall der Hörner und Trompeten herauszuhören, und die schrillen Stimmen der Flöten gaben dem Ariosen ein wohltuend einprägsames, ja einschärfendes Gegengewicht. Auch die Bässe, ob geblasen oder gestrichen, hielten ihre im höchsten Maße mitgestaltende Präsenz nicht unter den Scheffel.
Einen wesentlichen Anteil am Gelingen hatte auch der Baritonsolist Roman Trekel. Die sonoren Basstiefen des Bayreuther Wolframs und Amfortas loteten das „Herr, lehre doch mich“ ausdrucksvoll und nuancenreich – wenn auch unaufdringlich – bis in die letzten Schlüfte kongenialer Textergründung aus. Dieser exemplarischen Auslegung schloss sich der Chor mit einer solchen Konzentration an, dass der dritte Teil des Werks der wohl abgerundetste werden sollte.
Diese Verinnerlichung traf Christina Landshammer mit ihrem opernwürdigen, ästhetisch gefärbten und vorbildlich gestützten Sopran nicht so sehr. Wie eine „Stimme aus dem Jenseits“ klang ihr „Ihr habt nun Traurigkeit“ nicht. Noch taten es das „Wie lieblich sind Deine Wohnungen“ des Chors oder das erste „Selig sind die Toten“.
Vielleicht lag es an einer gewissen Unentschlossenheit oder Überbetonung allzu sinnfälliger
Passagen, dass einiges etwas naiv oder zu allgemein klang. Allerdings, die Wucht der Fortissimi und Fugen war überwältigend. Wenn dann mittendrin ein Unisono warm verströmte, war es von beglückender Wirkung.
Die doch sehr verhaltene Polyphonie von Johannes Brahms in großen beeindruckenden Bögen auszubreiten, das wissen Gerry Welter und seine Sänger schon. Bis auf vereinzelte Einbrüche wurde das konsequent bis zum Schluss durchgehalten. In ergreifender Entrückung verhauchte dann die Coda des „Selig sind die Toten“. Schöner kann Allerseelen nicht ausklingen.



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